Die Sage des Mäuseturms in Bingen

Kurz bevor sich der Rhein durch das enge Rheintal zu schlengeln beginnt, muss der Schiffer das einst zu recht gefürchtete Binger Loch durchfahren. An eben dieser Stelle, auf einer schmalen Insel steht ein Turm aus alter Zeit. Sagenumwoben und ohne Boot unerreichbar: Der Mäuseturm.
Bis in die Zeit der Römer reicht seine Geschichte zurück. Damals stand jedoch  ein noch hölzerner Vorgänger an seiner Stelle. Doch die Geschichte des waren Mäuseturms beginnt im 14. Jahrhundert. Der Turm diente in dieser Zeit als Zollwachturm zur Verstärkung des Zollsystems der Burg Ehrenfels und der Burg Klopp.

Der Name Mäuseturm entstand Jahre später, als der Turm schon lange seine Funktion als Zollturm verloren hatte. Er leitet sich entweder von dem mittelhochdeutschen mûsen, das so viel wie spähen oder lauern bedeutet oder von dem althochdeutschen Wort muta ab, das Wegezoll bedeutet.  Einige Zeit nachdem der Wegezoll auf den Flüssen abgeschafft worden war verschwand die Bedeutung dieser Wörter aus dem Gedächtnis der Menschen und die Bewohner des Rheintals verstanden den ursprünglichen Namen nicht mehr. So entstand wohl die Bezeichnung Mäuseturm.

Es dauerte nicht lange da verbreitet sich eine Sage, die auch den Namen erklären sollte. Nach Dieser ließ der Mainzer Erzbischof Hatto II. im 10. Jahrhundert  den Turm erbauen. Viele Jahre war der wegen seiner Hartherzigkeit bekannte Erzbischof im Amt, als über das Rheintal eine große Dürre hereinbrach. Schnell litten die Menschen Hunger und wandten sich in Ihrer Not an den Erzbischof. Trotz bis zum bersten gefüllter Kornkammer verwehrte der Erzbischof den Bürgern seine Hilfe. Als diese nun in Ihrer Verzweiflung laut vor seinem Palast klagten und die Zahl der Bittsteller immer größer wurde, sah Erzbischof Hatto darin einen Aufstand. Kurzer Hand ließ er die Bürger verhaften und in eine Scheune sperren. In seiner Graumsakeit ließ er sie anzünden und rief lachend, während die armen Bürger schreiend verbrannten: „Hört doch, hört, wie die Kornmäuse pfeifen!“.

Als er sich nun am Abend nach seiner Tat in sein Haus zurück zog und sein Abendmahl genießen wollte, krochen plötzlich aus allen Ecken und Ritzen Mäuse und stürzten sich auf den Erzbischof. Flüchtend sprang er auf sein Pferd und galoppierte schutzsuchend zur Burg Ehrenstein. Doch dort angekommen erwarteten ihn schon die Mäuse. Er flüchtete sich in seiner Verzweiflung in ein Boot und setzte hinüber zu einer kleinen Insel auf der ein Turm stand. Dort ließ er von seinen Dienern ein Bett an Ketten aufhängen, so dass es über dem Boden schweben sollte. Als er sich des Nachts zur Ruhe gelegt hatte schwammen hunderte von Mäusen durch den Rhein hinüber zum Turm der den schlafenden Erzbischof barg. Es half nichts, die Mäuse krochen durch alle Ritzen und Gitter und fraßen den Bischof bei lebendigen Leib bis kein Krümmel von ihm übrig geblieben war. Selbst seinen Namen, der auf den Tapeten seiner Kammer stand nagten Sie heraus. Er hatte seine gerechte Strafe erhalten.

Noch heute soll bei Nacht, wenn der Sturm tobt der Geist des Erzbischofs in Gestallt einer grauen Wolke um den Mäuseturm schweben, da er wegen seiner schweren Schuld noch immer nicht die ewige Ruhe gefunden haben soll.

Wenn Sie neugierig geworden sind und den Turm einmal genauer betrachten möchten, melden Sie sich einfach bei der Tourist Info in Bingen, denn die veranstaltet viermal im Jahren Touren zum Mäuseturm. Auch am Tag des offenen Denkmals kann der Turm besichtigt werden.

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